Haushaltsrede 2022

Nachfolgend ist die Haushaltsrede vom 25.01.2022 im Gemeinderat Balingen eingestellt.

Freie Wähler im Balinger Gemeinderat

 

Verabschiedung des Haushalts 2022

 

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Reitemann,

sehr geehrter Herr Bürgermeister Schäfer,

sehr geehrter Herr Dezernent Wagner,

sehr geehrte Damen und Herren der Verwaltung und des Gemeinderates,

liebe Zuhörerinnen und Zuhörer,

 

das Ende der Haushaltsreden ist in Sicht, und ich verspreche Ihnen, es so kurz wie möglich zu gestalten. Wiederholungen sind unvermeidlich und gewünscht, um Wichtiges und Dringendes zu unterstreichen und bekanntlich kommt das Beste meist zum Schluss.

Wir gehen erneut in ein schwieriges Haushaltsjahr. Was wir heute beschließen, kann schon morgen, in einer dynamischen und – erstmals wieder seit vielen Jahren – inflationären Zeit, anders oder sogar falsch sein.

Ja, die öffentlichen Haushaltspläne leiden noch immer an den Folgen der Corona-Pandemie. Gewisse Risiken und Unsicherheiten werden weiterhin unsere Begleiter im Jahr 2022 sein, doch erfreulicher Weise zeigt sich das wirtschaftliche Umfeld als robuster wie befürchtet und wir erkennen Licht am Ende des Tunnels.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, was sind die Erfordernisse der kommenden Haushaltsjahre?

Trocken und einfach gesagt: Die Stabilisierung der Kommunalfinanzen, insbesondere des Finanzausgleichs. Die Finanzausgleichsmasse gilt es zu erhalten und zu stärken. Mit einer stabilisierten Finanzausgleichsmasse muss für Städte und Gemeinden eine verlässliche und auskömmliche Planungsgrundlage geschaffen werden. Zielsetzung ist die Sicherung der kommunalen Handlungsfähigkeit. Hier sind unsere Dachverbände, Städtetag und Gemeindetag, intensiv gefordert und im unermüdlichen Einsatz.

Auch in diesem Jahr ist eine planmäßige Neuverschuldung leider unumgänglich. Ein Blick in unseren Haushaltsplan macht deutlich, wieso wir die oft geforderte „Schwarze Null“ nicht schaffen können. Wir schieben einen enormen Investitionsstau nicht nur in der Kernstadt, sondern auch in unseren Stadtteilen vor uns her. Viele Investitionen sind eigentlich unaufschiebbar und dringend notwendig. Trotzdem kommen wir bei etlichen Projekten wie der Kindestagesstätte in der Stadtmitte und Endingen nicht über den Vorplanungs- und Planungsstatus hinaus. Das ist unbefriedigend für unsere Kinder und Familien und nicht gut für die Attraktivität der Gesamtstadt Balingen.

Wir haben schlicht zu wenig Mittel und Planungskapazität für die Vielzahl der notwendige Investitionen in die Zukunft der Stadt Balingen mit allen Ortsteilen.

Angesichts der Fülle der Pflichtaufgaben haben wir ein Einnahmeproblem.

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

wir als Gremium haben gemeinsam mit der Verwaltung viele Aufgaben zu bewältigen. Dies schaffen wir nur, wenn wir weiterhin in bewährter Weise an einem Strang ziehen. Hier ist eine schlagkräftige Verwaltungsmannschaft unumgänglich. Auch wenn die Personalaufwendungen einen großen und stetig zunehmenden Posten in unserem Haushalt einnehmen, muss man sehen, dass die Aufgaben der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stetig zunehmen und immer komplexer werden, zumal wir die Corona-Krise zusätzlich bewältigen müssen.

Dennoch gilt es hier ein wachsames Auge zu haben, damit diese Kosten nicht aus dem Ruder laufen. Daher hätten wir hier gerne gewusst, wie lange die Wartezeiten bei einer Wiederbesetzung, Pensionierung, Beförderung sind. Werden Wiederbesetzungen auf den Prüfstand gestellt und als Chance genutzt für eine Umstrukturierung zur effizienteren Aufgabenverteilung?

Bietet die Digitalisierung einen effektiven Personalkostenvorteil oder nicht?

 

Um bei der Pandemie und den Folgen zu bleiben:

Wir wollen an unseren jüngsten Antrag an die Wirtschaftsförderung festhalten und erinnern. Der Bericht des HGV hat gezeigt, dass sich bei unseren Einzelhändlern und Betrieben problematische Lücken auftun, die es mit vereinten Kräften zu schließen gilt. Wir dürfen den „Wirtschaftsmotor“ nicht abwürgen lassen – im Gegenteil.

Die durch Bau- und Renovierungsarbeiten reduzierten Parkmöglichkeiten in der Innenstadt haben 2021 die Einzelhändler zusätzlich zu den Corona Maßnahmen negativ beeinflusst. Wir erwarten von der Stadtplanung, dass die weiteren, wichtigen Baumaßnahmen wie der Kreisverkehr am Schwimmbad und am ehemaligen Gasthaus Rad und alle weiteren gut abgestimmt und geplant werden.

Natürlich wollen wir die neubesetzte Stabsstelle Wirtschaftsförderung nicht überbelasten, zumal primär die Gartenschau im Vordergrund steht.

Wir wollen jedoch darauf hinweisen, dass es eine aktuelle Studie der „Imakomm Akademie“ gibt. Diese zeigt die Effekte der Corona-Krise auf sowie geeignete Ansatzpunkte zur Stabilisierung und Weiterentwicklung der Innenstädte. Vieles davon setzen wir bereits um im Kontext mit der Gartenschau. es lohnt sich diese Studie näher zu betrachten und auf Balingen zu übertragen, denn die Gleichung „Innenstadt = Einkaufen als Hauptbesuchsgrund“ stimmt in dieser Klarheit nicht mehr, insbesondere in Klein- und Mittelstädten. An Bedeutung werden vor allem die Funktionen Wohnen, Aufenthaltsbereiche und Spielmöglichkeiten, Coworking-Spaces, Frei- und Grünflächen sowie Betreuungseinrichtungen gewinnen.

Hier liegt der eigentliche langfristige Mehrwert unserer Gartenschau.

Zudem sollten wir ihren positiven Schwung mitnehmen, weiter ausbauen und fördern, zusammen mit allen Bürgerinnen und Bürgern, Firmen, Vereinen, Kirchen sowie weiteren Institutionen. Dazu ist es auch notwendig, unseren Bauhof für Mehraufgaben zu stärken und auszurüsten.

Hier warten wir noch auf den Bericht über die Ergebnisse der Zentralisierung und deren Stand.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

in unserer schönen Stadt wird zurzeit viel gebaut, viel bewegt und viel saniert. Dies belastet unsere Stadtkasse sehr, allerdings werden die finanziellen Ressourcen damit etwas verzerrt dargestellt, da der Mittelabfluss der vielen Maßnahmen oft nicht planmäßig stattfindet, sondern zum Teil stark verzögert.

Dafür gibt es sicher viele Gründe. Wir wollen dies auch nicht kritisieren. Aber wir wünschen uns hier einen besseren Überblick, den wir hier nur lückenhaft skizzieren können: Dazu gehören eine Aufstellung der aktuellen und laufenden Maßnahmen, welche Zahlungen wurden geleistet, was steht noch aus, sind wir in der Kostenplanung, wie hoch ist der Investitionsstau etc.!

Mit unseren Stadtwerken sind wir mit dem Ausbau der Digitalisierung und Zentralisierung der IT, der Fernwärme und der E-Mobilität auf einem sehr guten Weg. Die gilt es konzentriert voranzubringen und zu erweitern.

Die hiermit verbundene Professionalisierung der Schulnetzbetreuung war überfällig. Dies könnte auch eine vorbildliche Musterlösung für andere Kommunen sein.

Wie dem Haushaltsplan zu entnehmen ist, haben wir weiterhin einen hohen Abmangel der Bäder zu verzeichnen. Dies ist zwar viel Geld, aber dies ist es uns wert als Teil der Gesundheitsvorsorge und des Sport- und Freizeitangebots für unsere Bürger.

Wie in den Vorjahren investieren wir auch 2022 wieder hohe Beträge in den Ausbau, in die Erneuerung oder Sanierung unserer Infrastruktur. Mehr wäre zwar wünschenswert, geht aber derzeit einfach nicht wegen fehlender Mittel.

Noch immer vermissen wir einen Schulbericht, insbesondere zum Gymnasium. Viel wird in diese Schule gesteckt, jedoch werfen die seit Jahren stetig sinkenden Schülerzahlen Fragen auf, wie sich die Schule hier dagegenstemmen will? Was sind die Ursachen? Wie sieht das Konzept der Schule aus? Wie bekommen wir wieder mehr Schüler und Schülerinnen an das Gymnasium? Wie werden die Räume genutzt? Welche Auswirkungen hat dies auf die Angebotsvielfalt sowohl in der Mittelstufe als auch in der Kursstufe? Welche Auswirkungen hat das auf die gesamte Schulraumplanung im Schulzentrum?

Die Übernahme der Volkshochschule in städtische Trägerschaft war unter den gegebenen Bedingungen die beste Lösungsalternative. Die Vereinsstruktur ist nicht mehr zeitgemäß. Die VHS war und bleibt ein zentraler Baustein unserer Bildungseinrichtungen.

Wir erwarten aber auch, dass uns im Laufe des Jahres ein Zwischenbericht vorgelegt wird über die Entwicklung der Integration sowie die Kosten und Ergebnisentwicklung.

Zum Thema Stadtentwicklung haben wir in den vergangenen Jahren angeregt, dass Verwaltung und Gemeinderat sich intensiv Gedanken machen, ob wir einen Eigenbetrieb „Stadtbau“ gründen sollten als mögliche Grundlage für kostengünstigeres Bauen in Balingen. Die Entwicklung der Bauplatzpreise, der Immobilien im Bestand sowie der Neubauimmobilien sind in Balingen auf einem überdurchschnittlichen Wert angekommen. Die Blase drückt gewaltig. Es muss uns gelingen unsere Stadt nicht nur modern und zukunftsfähig sondern auch gleichberechtigt für alle Gesellschaftsschichten aufzubauen.

 

Neben einem möglichen Eigenbetrieb setzen wir auf die von unserer Wirtschaftsministerin Hofmeister-Kraut ins Leben gerufene und vom Land Baden-Württemberg geforderte Funktion der Gestaltungsbeiräte, die mit Ihrer Erfahrung und dem Wissen anderer Kommunen uns und unseren Investoren und Planern viel Beratungsqualität liefern können ohne das wir als Gemeinderäte die Verantwortung und schlussendliche Entscheidung aus der Hand geben müssen.

Investitionen in überregionale Gewerbegebiete, durch mangelnde eigene Flächen, wurden durch die Stadtverwaltung richtigerweise erkannt und mit dem Gemeinderat zusammen angestoßen. Auch hier gilt es sensibel und der Sache dienlich, mit den beteiligten Kommunen als Partner mit gemeinschaftlichen Interessen die Sicherung von Arbeitsplätzen und die Kraft der Wirtschaft in unserer Region zu stärken.  Meine Damen und Herren, da gibt es noch viel zu tun. Packen wir`s an?

Gab es hier eigentlich auch schon Gespräche mit unserer Nachbarstadt Geislingen, mit der wir eine Verwaltungsgemeinschaft bilden? Auch das könnte eine Option sein.

Abschließend noch ein heikles Thema:

Einerseits haben wir ständig steigende Aufgaben zu erfüllen, andererseits halten unsere Einnahmen damit nicht schritt!

Wir werden im Laufe des Jahres nicht um eine intensive Diskussion herumkommen, wie unsere Einnahmesituation verbessert werden kann, wenn wir nicht wichtige Aufgaben dauerhaft zurückfahren wollen!

Bei einer Haushaltsrede gilt es auch DANKE zu sagen, den vielen Mitbürgerinnen und Mitbürgern, welche sich seit vielen Jahren ehrenamtlich und uneigennützig in den Dienst der Gemeinschaft stellen. Unsere Gesamtstadt und unsere Gemeinschaft wären ohne deren Engagement um vieles ärmer. Unseren Dank verbinden wir gerne mit der Hoffnung, dass wir auch im Jahr 2022 auf diese Unterstützung bauen dürfen und gemeinsam durch die Krise kommen werden.

Diesen Dank gilt ebenso allen Arbeitgebern und Arbeitgeberinnen, die für einen sicheren Arbeitsplatz unserer Bürgerinnen und Bürger Sorge tragen.

Ein besonderer Dank gilt allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stadtverwaltung und der Stadtwerke für Ihren unermüdlich Einsatz mit all den pandemischen Herausforderungen.

Auch Ihnen, Herr Eberle und Ihrer Mannschaft gilt unser Dank, für die umfassende Aufbereitung des Zahlenwerks und die rasche Beantwortung unserer Fragen.

Sehr geehrte Damen und Herren, unser Haushaltsplan sowie die Wirtschaftspläne sollen für uns ein guter Navigator sein, daher erlauben Sie mir mit den Worten von Perikles die Haushaltsrede zu schließen: „Es ist nicht unsere Aufgabe, die Zukunft vorauszusagen, sondern auf sie gut vorbereitet zu sein.“

Namens der Fraktion der Freien Wähler erkläre ich, dass wir der Verabschiedung des Haushalts 2022 und dem Erlass der Haushaltssatzung zustimmen werden, ebenso dem Wirtschaftsplan der Stadtwerke und des Eigenbetriebs Gartenschau.

 

Herzlichen Dank.

 

Wolfgang Hallabrin

für die Fraktion der Freien Wähler.

 

 

Wolfgang Hallabrin

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